Öffentliche Schulen in Frankreich

Lehrmethoden, Anmeldung, Ferien

Öffentliche Schulen in Frankreich

Die vom Staat geförderten Schulen bzw. die öffentlichen Schulen in Frankreich heißen écoles publiques. Sie sind nicht zu verwechseln mit dem Begriff public schools im Vereinigten Königreich, der Privatschulen bezeichnet.

Das Schulsystem in Frankreich unterscheidet sich stark von dem im Vereinigten Königreich oder den Vereinigten Staaten, besonders wenn es um höherbildende Schulen geht.

Das Bundesministerium für Bildung, Jugend und Sport ist für den größten Teil des französischen Bildungssystems verantwortlich. Das Land wird in 28 Distrikte geteilt (geleitet von den académies), von denen jeder in mehrere départements geteilt wird, von einem Schulrat (recteur) überwacht wird und mit mindestens einer Universität zusammenhängt.

Die académies bestimmen den Lehrplan und die Prüfungen (alle Schulen eines Distriktes benutzen dieselben Fragen für die Prüfungen) für die Distrikte. Durch ständige Beratung weichen die Standards wenig zwischen den Distrikten voneinander ab. Obwohl der Staat einen großen Anteil der finanziellen Unterstützung des Bildungssystems beisteuert, wurde die Verantwortung zunemend den Distrikten (für die lycées) und départements (für die collèges) übertragen.

Die Vorschulen und Primarschulen werden meist nahe dem Wohnort besucht. Die Sekundarschulen können mitunter weite Anfahrten erfordern. Eine der Folgen der Entvölkerung in ländlichen Gegenden in den letzten Jahren sind die Schließungen vieler Schulen, wodurch Kinder noch weitere Anfahrten in Kauf nehmen müssen. Jedoch steht in den meiste Regionen ein Schulbus zur Verfügung.

Zusatzlehrveranstaltungen in Frankreich

Viele Zuwanderer bekriteln am französischen Schulsystem, dass zu wenige extracurriculare Tätigkeiten wie Sport, Musik, Theater, Kunst oder Handwerk angeboten werden. Einer aktuellen Studie zufolge haben mehr als 60% der Schüler keinen Zugang zu Sporthallen oder -plätzen, 20% haben keinen Zugang zu Schwimmbecken, und 25% der Schulen verfügen über keine angemessenen Sportanlagen. In den öffentlichen Schule gibt es keine Clubs oder Teams, sodass Ihr Kind, wenn es in einem Team spielen will, dem örtlichen Club beitreten muss und Sie etwa 150 bis 200 Euro bezahlen müssen. Das bedeutet Eltern müssen Kinder hinfahren und wieder abholen, wenn sie an Spielen oder sonstigen Veranstaltungen teilnehmen (wie es oft in den USA üblich ist).

Es gibt aber lokale Sportvereine (Écoles Municipales de Sports), die Sport- und andere Veranstaltungen abhalten, wie zum Beispiel Tanzen und Musik. Die Beiträge sind gering und die Veranstaltungen finden meist gleich nach der Schule statt. Manche Vereine verkaufen sogar Sportausrüstung aus zweiter Hand. In französischen Schulen benutzt man auch weniger den Computer als in anderen Staaten. Hausaufgaben müssen generell von Hand geschrieben abgegeben werden (gewöhnlicher- und seltsamerweise auf quadratischem Papier).

Auf der anderen, positiven Seite wird in Frankreich Kalligraphie unterrichtet (die französische Handschrift unterscheidet sich möglicherweise von der anderer Länder), sowie Grammatik (jedes französische Kind kennt den Unterschied zwischen direktem und indirektem Objekt), Philosophie und Ethik, Umweltkunde und Gemeinschaftskunde. Anstelle extracurricularer Tätigkeiten gibt es - eine französische Erfindung - "Entdeckungskurse" in Primarschulen, in denen die Kinder während der jährlichen "Probierwoche" dazu angereizt werden, ihren bon goût (guten Geschmack) zu verfeinern.

Schulstufen

Die Nummerierung der Schulstufen in Frankreich weichen von vielen Systemen anderer Länder ab. Die Nummerierung in Frankreich beginnt bei der 11. Klasse, die von 6-jährigen besucht wird, und endet mit der classe terminale im lycée, die der 1. Klasse folgt, und die die Schüler mit 17-18 Jahren besuchen. In den Sekundarschulen müssen Kinder eine Schulstufe wiederholen (redoubler), wenn ihre Leistung nicht den Anforderungen entspricht. In Vor- und Primarschulen passiert das kaum, da dort mittlerweile ein etwas flexibleres System eingeführt wurde.

Falls Sie sich entschieden haben, Ihr Kind an eine öffentliche Schule zu schicken, so warten Sie mindestens ein Jahr ab, um zu sehen, wie es dem Kind geht. So lange kann es dauern, sich an eine neue Sprache, ein neues Umfeld und einen neuen Lehrplan zu gewöhnen. Es gibt außerdem sections d'education spéciale/SES, die Kindern mit Lernschwierigkeiten aufgrund von psychischen, emotionalen oder Verhaltensproblemen und langsamen Lernern helfen sollen. Zusätzlich können orthophonistes (Logopäden), Spezialisten für alle Probleme mit Sprechen und (Aus-)Sprache konsultiert werden. Wenn Sie Ihr Kind von der Schule nehmen wollen, müssen sie ein certificat de radiation beantragen.

Anmeldung

Kinder müssen eine Schule innerhalb eines bestimmten Umkreises besuchen, das heißt, wenn Sie eine bestimmte Schule bevorzugen, sollten Sie Ihr Zuhause in der Nähe kaufen oder mieten. Das Einzugsgebiet der Schulen kann sich aber mit demografischen Veränderungen ändern. Sie können einen Antrag (dérogation) stellen, wenn Sie wollen, dass Ihr Kind eine andere als die zugeteilte Schule besucht. Diesen Antrag müssen Sie allerdings gut begründen können. Ein gutes Argument zum Beispiel wäre, dass bereits eines Ihrer Kinder die gewünschte Schule besucht, oder dass die gewünschte Schule sich näher am Wohn- oder Arbeitsort befindet. Oder die gewünschte Schule bietet außergewöhnlichen Unterricht, wie zum Beispiel für eine bestimmte Sprache. Der Wechsel muss von beiden directeurs genehmigt werden.

Für Informationen zu Schulen in einer bestimmten Region können Sie den Informationsservice service des écoles im Rathaus kontaktieren. Wenn Sie schon vor der Ankunft in Frankreich die Bildung Ihrer Kinder planen möchten, sollte Sie dem Inspecteur d'Académie des département, in dem Sie leben werden, schreiben. Sie sollten Details wie Alter, besuchte Schulen und Französischkenntnisse Ihres Kindes angeben.

Für die Anmeldung Ihres Kindes in einer französischen Schule müssen Sie eine Anmeldemappe (dossier d'inscription) anlegen und im örtlichen Rathaus oder dem rectorat-Schulservice (Sekundarstufe) einreichen, worauf Sie das Anmeldeformular erhalten. Die Mappe sollte folgende Dokumente beinhalten:

  • Geburtsurkunde oder Reisepass, wenn nötig mit Übersetzung ins Französische (beglaubigt). Wenn Ihr Kind in Frankreich geboren wurde, müssen Sie dessen livret de famille oder seinen extrait de l'acte de naissance einreichen.
  • Impfpass. In Frankreich werden Impfungen im carnet de santé des Kindes festgehalten, das die Eltern bei dessen Geburt erhalten. Wenn Sie in Frankreich ankommen, bekommen Sie für Schulkinder den carnet de santé von der mairie (Stadtverwaltung).
  • Nachweis der Meldung. Sie können hierfür eine Rechnung auf Ihren Namen, oder, wenn Sie keine haben (Sie glückliche/r), eine Quittung für die Miete oder einen Eigentumsnachweis (attestation d'acquisition).
  • Wenn Ihr Kind von einer anderen französischen Schule kommt, den certificat de radiation von der vorigen Schule
  • Versicherungsnachweis

Unterrichtszeiten

Die meisten öffentlichen Schule haben die Vier-Tage-Woche (semaine de quatre jours) übernommen, bei der Mittwoch ein freier Tag ist (was zurückgeht auf die Trennung von Kirche und Staat vor fast 100 Jahren, als Eltern mittwochs religiöse Unterrichtung für die Kinder veranlassen sollten). Der Mangel an Stunden wird durch die Kürzung der Ferien wettgemacht (und ist die von den Eltern bevorzugte Lösung, laut aktueller Umfrage). Jedoch haben Schüler der meisten collèges auch mittwochmorgens Unterricht.

Die Änderungen sind zwar offiziell, trotzdem gibt es in einigen départements noch Samstagmorgenunterricht für Primarschüler. In der Region Paris wurde die Fünf-Tage-Woche (Montag bis Freitag) im September 2002 eingeführt. Fragen Sie im örtlich zuständigen Amt nach, um mehr über die Unterrichtszeiten in den Schulen herauszufinden.

Unterrichtsstunden variieren zwischen den Schultypen und -arten. Vorschulen sind von 8.30 bzw. 9.00 bis etwa 11.30 oder 12.00 Uhr und von 13.30 oder 14.00 bis ca. 16.30 Uhr geöffnet. Dazwischen gibt es jeweils eine 15-minütige Pause am Vormittag und am Nachmittag. Kinder besuchen die Primarschule 26 Stunden pro Woche, gewöhnlich von 8.30 bis 11.30 Uhr und von 13.30 bis 16.30 Uhr. Schulen der Sekundarstufe haben viele Stunden. In den collèges gehen die Schüler zwischen 27 und 28 Stunden pro Woche zur Schule. In den lycées sind es 30 bis 36 Stunden, abhängig von der Art des lycée. Das lycée besuchen die Schüler für gewöhnlich von 8.00 bis 12.00 Uhr und 14.00 bis 17.00 Uhr. Allerdings gibt es Ausnahmen, die Zeiten von 9.00 bis 18.00 Uhr festlegen. Weder im collège noch im lycée sind Kinder verpflichtet, in unterrichtsfreien Zeiten in der Schule zu bleiben.

Die meisten Schulen bieten kostenlosen Busservice an, der Kinder in entlegenen Gegenden von zuhause abholt und wieder nachhause bringt. Wegen der langen Fahrten verlängert sich der Schultag dadurch oft immens und deshalb (obwohl die Kinder die Fahrt genießen und dabei Freundschaften schließen) bringen viele Eltern ihre Kinder lieber mit dem Auto zur Schule und lassen sie mit dem Bus nachhause fahren. Öffentliche Schulen und Gemeinden bieten berufstätigen Müttern üblicherweise Betreuung nach der Schule (garderie) an. Viele dieser Mütter halten sich dafür den schulfreien Mittwoch für die Kinder frei.

Ferien

Französische Kinder haben weltweit die längsten Schulferien (vacances scolaires), mit 117 Tagen (exkusive Wochenenden während der Schulzeit und Feiertagen). Sie besuchen die Schule lediglich 160 Tage pro Jahr, von Anfang September bis Ende Juni, wobei sie mit vielen Stunden für Unterricht und Hausaufgaben einiges wettmachen. Die Weihnachts- und Osterferien variieren von Stadt zu Stadt und entsprechend einem System von Zonen, damit die Skiressorts mit den großen Zahlen an Kindern auf den Pisten umgehen können. Das Schuljahr wird in Quinmester, d.h. fünf Teile, zu  je etwa sieben Wochen geteilt und sie können der Region entsprechend der örtlichen Umstände verändert werden.

Schulen sind an Feiertagen geschlossen. Die Feriendaten werden von den Schulen und den Gemeinden weit im Voraus veröffentlicht, weshalb sich Eltern ihren Urlaub gut einteilen können. Ihre Kinder von der Schule zu nehmen ist nur dann erlaubt, wenn sie Termine bei einem Arzt, Zahnarzt etc. haben, wobei der Lehrer im Vorhinein benachrichtigt werden sollte.

In der Primarschule ist eine Nachricht an den Lehrer genügend, wohingegen in der Sekundarstufe ein offizielles Formular vom entsprechenden Lehrer ausgefüllt und abgegeben werden muss. Bei mehr als zwei Tagen Abwesenheit ist eine ärztliche Bestätigung vonnöten. Wenn Ihr Kind medizinische Hilfe während der Schulzeit benötigt, werden Sie gebeten, wie auch bei Ausflügen, eine Einverständniserklärung zu unterzeichnen.

Die Regierung veröffentlichte im letzten Schuljahr die Regelungen für die Beschäftigung von Schülern. Diese Regelungen betreffen Schüler der Sekundarstufe oder Berufsschule im Alter von 16 und Studenten. 14 bis 15-Jährige können unter Umständen eine Ausnahmeregelung für Ferialjobs bekommen, solange diese keine zu schwere Arbeit darstellen und mehr als die Hälfte der Sommerferien beanspruchen.

Schulsachen

Bildung in Frankreich ist kostenlos, allerdings müssen Eltern für Schreib-, anderes Schulzeug sowie Kleidung und Sportausrüstung selbst aufkommen. Der Rest der Schulsachen wird in der Primarstufe (6-11 Jahre) und den collèges (12-15 Jahre) bereitgestellt, wobei Sie eventuell Bücher kaufen müssen. Besucht Ihr Kind das lycée, müssen Sie alles selbst besorgen. Außerdem müssen Sie der Schule eine Reihe von Passbildern zur Verfügung stellen.

Das kann Familien mit geringem Einkommen stark beanspruchen, wobei diese für eine "Schulbeginn-Beihilfe" ansuchen können. Bis Ende März müssen alle Unterlagen für den Antrag für das kommende Schuljahr vorgelegt werden. Man kann Bücher aus zweiter Hand am Anfang des Quinmesters erstehen, wenn die Schule diese in einer bourse aux livres anbietet.

Primarschüler benötigen die folgenden Dinge:

  • Schultasche
  • Federmäppchen mit Stiften
  • Sportschuhe und ein Handtuch
  • Sporttasche, wenn die Sportutensilien nicht in die Schultasche passen.

Seien Sie sich darüber bewusst, dass Kinder für die Hausaufgaben viele Bücher mit nachhause nehmen müssen, weshalb sie schwer tragen müssen, wovon angenommen wird, dass es die Wirbelsäule schädigt. In den Schulen gibt es Spinde, aber selten genug für alle Schüler, und oft werden sie zerstört.

Man wird Ihnen möglicherweise eine Liste (liste des fournitures de rentrée) geben, die sich auf bis zu drei A4-Seiten erstrecken kann. Sie erhalten Sie zwischen dem Ende eines und dem Anfang des nächsten Schuljahres (weshalb sich am ersten Schultag Eltern in Scharen zum Supermarkt begeben um alles einzukaufen).

Allerdings gibt es Einiges, das "optional" ist, weshalb Sie am besten bis Schulanfang warten, um zu sehen, was Ihr Kind wirklich braucht. Vergessen Sie nicht auf Namenskärtchen für Mäntel und Sportsachen. Sie können Sie in einer mercerie bestellen, oder einfach mit wasserfestem Stift und Klebeband kennzeichnen. Am besten nähen Sie sie allerdings ein, Bügelbilder beispielsweise können abfallen oder abgezogen werden.

In der Vorschule bringen Kinder üblicherweise Jausenbrot für die Pausen mit, oder sie essen zuhause oder einer Kantine (cantine), in der gute Mahlzeiten für ca. 1,50 Euro, die für einen Monat im Voraus zu bezahlen sind, zu haben sind. Die Kosten für Mittagessen in Vor- und Primarschulen können abhängig von der Region, dem Einkommen der Eltern und dem Schuleinzugsgebiet stark schwanken. Mittagessen in Sekundarschulen kostet ungefähr 100 Euro pro Quinmester. Kinder, die in der Schule zu Mittag essen, werden demi-pensionaires und die, die nachhause gehen, werden externes genannt. Mittagessen von Zuhause ist nicht üblich und könnte sogar verboten sein.

Kinder, die in der Schule zu Mittag essen, dürfen nicht wählerisch sein und müssen aufessen. Dabei kann es sich um ein fünf-Gänge-Menü handeln (inklusive Wein - für die Lehrer), kann zwei Stunden dauern und es gibt keine Süßigkeiten zu kaufen.

Mit Ausnahme weniger "exklusiver" Schulen, gibt es keine Uniformen. Es gibt möglicherweise Schulordnungen, die gewisse Kleidungsrichtlinien vorsehen. Es gab kürzlich Diskussionen zur Einführung von Uniformen, da die Kinder oft zu etwas teureren, selbstausgesuchten "Uniformen" greifen. In manchen Gegenden ist der Designerkleidungsdiebstahl durch "Gangs" weitverbreitet, weshalb Kinder weniger teure Kleidung für die Schule tragen. In Frankreich dürfen Kinder keine religionsbekennenden Kleidungsstücke tragen, wie etwa Kruzifixe um den Hals oder Kopftücher, was stets zu Kontroversen führt.

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